Wie bereitwillig helfen Schweizer Anwälte und andere Berater, illegale Gelder zu verstecken? Eine Undercover-Recherche aus der verschwiegenen Welt der Möglichmacher.


How can you make sure that this money is being considered as legal or legalized? Because I’m not sure whether it’s really legal. Can you help him with it?

Yeah, but to answer this question, we would need to have more information. And then it’s the way we will present it to the banks, you know.

Gespräch mit einem Genfer Anwalt, September 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Rahmen einer Undercover-Recherche haben wir Schweizer Anwälte, Treuhänder und Vermögensverwalter gefragt, ob sie uns helfen, 80 Millionen Dollar zu verstecken.
  • Obschon die fiktiven Gelder klar erkennbar aus Korruption stammen, skizzierten zwei Drittel der Berater Möglichkeiten, um das Vermögen in die Schweiz zu bringen. Mehrere wiesen dabei auf eine Gesetzeslücke hin: Im Rahmen solcher Beratungen seien sie nicht dem Geldwäschereigesetz unterstellt.
  • Fachpersonen bezeichnen die Reaktionen der Berater als «schockierend». Bei zahlreichen Vorschlägen handle es sich um potenzielle Geldwäscherei-Massnahmen.
  • Wir haben alle Berater mit den Vorwürfen kontaktiert. Vier haben geantwortet. Sie betonen, dass sie keine Geschäftsbeziehung eingegangen seien und zu keinem Zeitpunkt Interesse an einer Zusammenarbeit gehabt hätten.

Schweizer Anwälte und sonstige Berater* helfen wohlhabenden Personen aus aller Welt, ihr Vermögen zu schützen. Sie erstellen komplexe Firmenkonstrukte, helfen bei der Suche nach einer passenden Bank oder agieren als Strohleute, um die Besitzer von Unternehmen zu verschleiern. Vieles davon ist legal – doch in manchen Fällen wird die Herkunft krimineller Vermögen verwischt und damit Geld aus Korruption, Steuerhinterziehung oder anderen Delikten gewaschen. Besonders hart trifft das arme Länder, deren Entwicklung durch den illegalen Abfluss von Vermögen behindert wird.

Der Bundesrat sieht Geldwäscherei als Bedrohung für den Schweizer Finanzplatz und möchte Beratungstätigkeiten stärker regulieren. Ein Entwurf zur Gesetzesverschärfung wird aktuell im Parlament diskutiert.

Doch darüber, wie gross die Berater-Problematik tatsächlich ist, wird in der Politik seit Jahren gestritten. Sind es nur wenige, die dem Ruf einer ganzen Branche schaden oder handelt es sich um ein strukturelles Problem? Wie einfach ist es, Berater zu finden, die beim Verstecken illegaler Gelder helfen? Und wie funktionieren die Mechanismen dieses problematischen Geschäfts?

Um Antworten zu finden, haben wir Fachleute befragt, Studien analysiert und Medienberichte der letzten Jahre gesichtet. Dabei wurde klar: Die wichtigsten Fragen lassen sich nur klären, wenn man sich selbst als potenziellen Klienten ausgibt. Daher haben wir nach gründlichen rechtlichen und medienethischen Abklärungen (siehe Infobox «Rechtliche Abwägung»)  eine der umfangreichsten Undercover-Recherchen in der Geschichte des Schweizer Journalismus lanciert.

Wir zeigen erstmals auf, wie Berater in Zürich, Genf und Zug auf die Anfrage eines korrupten Regierungsbeamten reagieren (Wichtigste Erkenntnisse), weshalb sie nicht dem Geldwäschereigesetz unterstellt sind (Gesetzeslücke Beratung) und welche Dienstleistungen sie anbieten (Das Berater-Repertoire).

Das Video zur Recherche

Rechtliche Abwägung

Verdeckte journalistische Recherchen sind nur ausnahmsweise zulässig und dürfen erst nach Ausschöpfung anderer Recherchemethoden, als Ultima Ratio, eingesetzt werden. Im Kontext der Debatte um eine allfällige Unterstellung von risikobehafteten Beratungstätigkeiten unter das Geldwäschereigesetz (GwG) haben wir uns während Monaten mit den Mechanismen des Beratungsgeschäfts auseinandergesetzt. Wir haben Fachleute befragt, Studien analysiert und Medienberichte gesichtet, um die Fragen zu klären: Wie gross ist das Problem wirklich? Und wie einfach/schwierig ist es, Schweizer Berater zu finden, die beim Verstecken illegaler Gelder helfen? Da sich die zentralen Fragen nicht klären liessen, entschieden wir uns nach sorgfältiger Prüfung der Rechtslage dazu, eine verdeckte Recherche durchzuführen.

In Absprache mit einem auf Medienrecht spezialisierten Anwalt sind wir zum Schluss gekommen, dass das öffentliche Interesse in diesem Fall klar gegeben ist, namentlich aufgrund der aktuellen politischen Debatte, Anwälte, Notare und Treuhänder dem GwG zu unterstellen. Um die erwähnten Mechanismen präzise und im Sinne des erheblichen Informationsinteresses aufzeigen zu können, blieb kein anderer Weg übrig, als die entsprechenden Informationen auf verdeckte Weise zu erlangen. Bei der Umsetzung haben wir selbstverständlich alle Kriterien einer zulässigen verdeckten Recherche beachtet, rechtliche wie medienethische.

Wir haben einen freien Mitarbeiter rekrutiert, der sich als Vermögensberater eines wohlhabenden, ostafrikanischen Klienten ausgibt. Der Klient möchte sein durch Korruption erwirtschaftetes Geld in der Schweiz in Sicherheit bringen. Weil der Vermögensberater weiss, dass die Kontrollen der Banken strenger geworden sind, kontaktiert er 30 spezialisierte Berater in den Kantonen Genf, Zürich und Zug. Diese werben auf ihren Webseiten mit Dienstleistungen im Bereich Asset Protection oder sind als Vermittler in den Panama/Pandora Papers aufgetaucht.

Ohne viele Informationen preiszugeben, verlangt der Vermögensberater telefonisch nach einem persönlichen Erstgespräch mit einem erfahrenen Berater. 19 der 30 kontaktierten Personen sagen zu: 10 Anwälte, 6 Vermögensverwalter und 3 Treuhänder. Die Treffen versucht unser Undercover-Mitarbeiter in Foyers diverser 5-Sterne-Hotels zu organisieren. Einige filmt er mit einer versteckten Kamera. Keines der Gespräche mündet in einem Mandat und es werden keine Honorare bezahlt.

«Er hat also quasi Beratungsverträge abgeschlossen mit den Firmen, um ihnen dann sicherzustellen, dass sie die Lizenzen bekommen. Nur er ist ja auch hier derjenige, die Lizenzen ausstellt.»

In jedem der 19 Gespräche macht der Undercover-Mitarbeiter von Beginn an klar, dass es sich bei seinem Klienten um einen Regierungsbeamten aus einem ostafrikanischen Land handelt, der sein Vermögen (ca. 80 Millionen USD) mit der Vergabe von Minenlizenzen gemacht hat. Die Zahlungen an seinen Klienten nennt er «facilitating money» (übersetzt: Schmiergelder). Das Vermögen befinde sich auf Konten mehrerer Firmen im Herkunftsland und sei versteuert. Name und Herkunftsland des Klienten werden im Gespräch nicht genannt.

«Mit dieser Ausgangslage ist sonnenklar, dass das Vermögen aus Korruption und damit einer kriminellen Vortat stammt», sagt Mark van Thiel, Geldwäschereiexperte und ehemaliger stellvertretender Chef der Schweizer Geldwäschereimeldestelle MROS. Drei weitere Fachpersonen aus den Bereichen Strafverfolgung, Geldwäschereibekämpfung und Compliance bestätigen: Aufgrund der präsentierten Informationen habe jedem Berater klar gewesen sein müssen, dass es sich um mutmassliche Korruptionsgelder handle. Das Gespräch sei daher abzubrechen.

Wichtigste Erkenntnisse

Die 19 Gespräche dauerten zwischen 20 Minuten und eineinhalb Stunden. Ein einzelner Berater reagierte empört und verabschiedete sich hastig:

«Also das Geld müsste er eigentlich zurückgeben, oder? Das Geld gehört ja eigentlich dem Staat. Ist ja nicht sein Geld.»

Fünf Berater lehnten höflich ab und beendeten das Gespräch ohne konkrete Ratschläge. Die restlichen Berater zeigten sich offen für eine Zusammenarbeit.

Obschon das fiktive Vermögen klar erkennbar aus einem mutmasslichen Verbrechen stammt, erläuterten zwei Drittel (13) konkrete Möglichkeiten, wie sie dem korrupten Beamten behilflich sein könnten.  Drei davon erkundigten sich einige Tage nach dem Gespräch, ob noch Interesse an einer Zusammenarbeit bestehe. Aufgrund der beschränkten Anzahl der geführten Gespräche sind diese Zahlen nicht zwingend repräsentativ für die gesamte Branche.

Das Spektrum der Berater, die konkrete Möglichkeiten erläuterten, reicht vom Vermögensverwalter aus Baar (ZG) bis hin zu Anwälten aus renommierten, kleineren Kanzleien in Zürich oder Genf – darunter die Kanzlei eines ehemaligen Präsidenten der kantonalen Anwaltskammer.

Ausschnitte aus den Gesprächen weisen darauf hin, dass die Berührungsangst gegenüber Korruptionsgeldern gering ist:

«Anything's possible. Wenn man genug wasserfeste Dokumentation erbringen kann.»

Von den 13 Beratern skizzierten 11 konkrete Massnahmen, um die Herkunft des Vermögens zu verschleiern. Die meisten machten dabei klar, dass der wirtschaftlich Berechtigte in Ostafrika zumindest gegenüber den Banken offengelegt werden müsse. Am häufigsten wurde die Möglichkeit erläutert, mittels Firmenkonstrukten über verschiedene Länder hinweg die Nachverfolgung der Gelder zu erschweren. Auch komplexere Verschleierungsmassnahmen wie Trusts, Stiftungen oder Fondsstrukturen wurden erwähnt (mehr dazu im Kapitel «Massnahmen»).

«So it should be a game. Very complicated.»

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie eine Auswahl von Szenen haben wir vier Fachpersonen aus den Bereichen Strafverfolgung, Geldwäschereibekämpfung und Compliance vorgelegt. Diese sind sich einig, dass es sich bei zahlreichen der vorgeschlagenen Massnahmen um potenzielle Geldwäschereihandlungen handelt. Bei ihrer Umsetzung würden sich die Berater mutmasslich der Geldwäscherei nach Artikel 305bis Ziff. 1 des Strafgesetzbuchs schuldig machen. Im Rahmen der Erstgespräche hätten sie jedoch nicht gegen das Gesetz verstossen.

Ob sich eine Geschäftsbeziehung ergeben hätte, bleibe aufgrund der Versuchsanlage unklar, sagt Anwalt und Geldwäschereiexperte Stefan Mbiyavanga. Die Mehrheit der Berater hätte angegeben, dass dazu mehrere Bedingungen erfüllt sein müssten. Aufgrund der Dauer der Gespräche sei aber davon auszugehen, dass die Berater echtes Interesse am Mandat gezeigt hätten. Bei reiner Höflichkeit wäre zu erwarten gewesen, dass sie die Gespräche früher beendet hätten. Die Reaktionen der Berater würden Fragen zur Effizienz und Reichweite der Aufsicht aufwerfen, so Mbiyavanga: «Wo Kontrolle fehlt, bleibt selbst die beste Regulierung unter ihrem Potenzial.»

Das Verhalten der Berater sei schockierend, sagt Geldwäschereiexperte Mark van Thiel. «Sobald man solche Gedankenspiele macht, ist man problematisch unterwegs.» Er sei sehr überrascht, dass zwei Drittel der Berater konkrete Massnahmen erläutert haben, obschon die Vermögenswerte klar erkennbar aus einem Verbrechen stammen.

«Sobald man solche Gedankenspiele macht, ist man problematisch unterwegs.»

10 Berater boten an, den korrupten Beamten bei der Suche nach einem Schweizer Bankkonto zu unterstützen. Ein Berater erwähnte die Möglichkeit, seine guten Kontakte zu Genfer Privatbanken zu nutzen. Mehrere boten an, das Dossier des Klienten zu überprüfen, bevor dieser an die Bank herantritt. So könnten Schwachstellen in seiner Story erkannt und korrigiert werden. Mehrfach war die Rede davon, dass gewisse Banken bei 80 Millionen Dollar etwas weniger genau hinschauen (mehr dazu im Kapitel «Vermittlerrolle»).

“So yeah, the banks for 80, they may not be too strict, you know. One or two documents...”

Die kriminelle Energie einiger Berater überrasche ihn nicht, sagt der Compliance-Chef einer Schweizer Bank, der anonym bleiben möchte. Solche Vermittler spielten eine zentrale Rolle beim Deponieren deliktischer Vermögenswerte auf dem hiesigen Finanzplatz. «Sie sind Filter – im Guten wie im Bösen.» Bestenfalls würden sie Klienten-Dossiers sauber vorbereiten, schlimmstenfalls problematische Klienten beim Umgehen von Kontrollen unterstützen.

Der Schweizer Anwaltsverband (SAV) distanziert sich klar von den Anwälten, die im Gespräch Massnahmen zur Verschleierung deliktischer Gelder erläutert haben. «Ich kann nicht glauben, dass solche Geschäftsmodelle in der Schweiz noch praktiziert werden», sagt SAV-Präsident Matthias Miescher. Bei der dargelegten Ausgangslage müsse ein Anwalt sofort abbrechen und mitteilen, dass er das Mandat nicht übernehme. Wer solche Massnahmen umsetzte, dem drohe ein Berufsverbot. «Falls die Aussagen korrekt wiedergegeben sind, verstösst das gegen die Berufspflichten. Und es verstösst gegen das Strafgesetzbuch.» Miescher findet es frustrierend, dass einzelne Fälle der Reputation von 13’000 SAV-Mitgliedern schadeten, die «ganz sicher nicht in solche Geschäfte verwickelt sind». Der Anwaltsverband setzte sich bereits für eine Verschärfung der Sorgfaltspflichten für Berater ein, sagt Matthias Miescher (siehe Infobox «Politische Aktualität»). Dennoch nehme er aus den Ergebnissen mit: «Man kann offensichtlich nicht genug tun, um die Menschen dafür zu sensibilisieren, sich gesetzeskonform zu verhalten.»

Gesetzeslücke Beratung

In den Undercover-Gesprächen haben mehrere Berater ungefragt auf eine Lücke in der aktuellen Gesetzgebung hingewiesen. Im Rahmen von Beratungstätigkeiten würden sie nicht dem Geldwäschereigesetz unterstehen und hätten daher keine besonderen Melde- oder Sorgfaltspflichten. «Jetzt muss ich das noch nicht. Für diese Abklärungen muss ich das nicht machen», sagt ein Zürcher Anwalt und meint damit die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten. «Well as a lawyer, you know, we are not subject to money laundering rules yet», sagt ein Genfer Anwalt und prophezeit: «Yeah, that will come in the future.»

«Jetzt muss ich das noch nicht. Für diese Abklärungen muss ich das nicht machen»

Um Geldwäscherei zu bekämpfen, hat die Schweiz ihr Abwehrdispositiv in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich ausgebaut. Banken und andere Finanzintermediäre unterstehen strengen Sorgfalts- und Meldepflichten. Laut Geldwäschereigesetz müssen sie ihre Kundschaft durch amtliche Dokumente identifizieren und abklären, woher Vermögenswerte stammen und wer sie tatsächlich kontrolliert. Zudem müssen sie bei Verdacht auf Geldwäscherei Meldung an die Meldestelle für Geldwäscherei MROS erstatten.

Das gilt auch für Anwälte und sonstige Berater, falls sie Zugriff auf Finanzflüsse eines Klienten haben oder in dessen Gesellschaft Entscheide treffen können. Sind sie aber nur beratend tätig oder erstellen und verwalten Firmenkonstrukte, unterstehen sie nicht dem Geldwäschereigesetz. Gründet ein Anwalt für seinen Klienten Briefkastenfirmen, muss er also nicht zwingend nachfragen, wozu diese dienen und woher das Geld stammt.

Der Bundesrat möchte diese Lücke schliessen und will entsprechende Sorgfalts- und Meldepflichten für risikobehaftete Beratungstätigkeiten einführen. Die Gesetzesverschärfung wird aktuell im Parlament beraten.  Umstritten ist insbesondere, für welche Beratungstätigkeiten die neuen Regelungen gelten sollen (siehe Infobox «Politische Aktualität»).

Politische Aktualität

Im Mai 2024 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Weiterentwicklung der Geldwäscherei-Bekämpfung. Neben einem Transparenzegister, um wirtschaftlich Berechtigte von Firmen zu erfassen, möchte er auch Sorgfalts- und Meldepflichten für Beraterinnen und Berater einführen. Kommt das Gesetz durch, müssten diese bei gewissen Tätigkeiten ihre Kundschaft durch amtliche Dokumente identifizieren sowie abklären, woher Vermögenswerte stammen und wer sie tatsächlich kontrolliert. Die von der Sorgfaltspflicht betroffenen «risikobehafteten Tätigkeiten» hat der Bundesrat breit definiert: von der Planung und Durchführung eines Grundstückkaufs über die Gründung, Führung oder Verwaltung von Gesellschaften und Trusts bis hin zur Bereitstellung von Adressen als Firmensitz. Die Meldepflicht bei Verdacht auf Geldwäscherei hat der Bundesrat auf Tätigkeiten im Zusammenhang mit Finanztransaktionen limitiert.

Den bundesrätlichen Entwurf für die Sorgfaltspflichen schickte die Rechtskommission des Ständerats im Herbst 2024 zur Überarbeitung zurück an die Verwaltung. Gemeinsam mit betroffenen Kreisen sollte ein neuer Vorschlag erarbeitet werden, der den Kreis der risikobehafteten Beratungstätigkeiten «zielgerechter definiert» sprich: reduziert. Der neue Entwurf liegt nun der Rechtskommission vor. In ihrer letzten Sitzung hat sie mit 8 zu 4 Stimmen (eine Enthaltung) grundsätzlich bejaht, dass die Sorgfaltspflichten auf Beraterinnen und Berater ausgeweitet werden sollen. Voraussichtlich am 15. Mai will sie die Beratung abschliessen und ihre Anträge dann in der Sommersession dem Rat unterbreiten.

Mit dem neuen Entwurf werde der Kreis der risikobehafteten Beratungstätigkeiten, «wie vom Ständerat zu Recht gefordert, zielgerecht definiert», sagt hingegen Matthias Miescher, Präsident des Schweizer Anwaltsverband. In diesem Rahmen befürworte der Verband eine Ausdehnung des Geldwäscherei-Anwendungsbereichs auf Beratungstätigkeiten. Die NGO Transparency International Schweiz hingegen ist besorgt über die Absicht des Ständerats, die Wirkung des Gesetzes zusätzlich auf «Kernrisiken» zu beschränken. Die Pflichten von Beratern wären so leicht zu umgehen, was das Ziel der Gesetzesrevision gefährden würde.

Die Rechtskommission des Nationalrats hat das Geschäft für die Sitzung vom 10. April 2025 traktandiert.

Alle von uns konsultierten Fachpersonen gehen davon aus, dass eine Unterstellung der Berater unter das Geldwäschereigesetz einen positiven Effekt auf die Geldwäschereibekämpfung hätte. Für Geldwäschereiexperte Mark van Thiel ist es störend, dass in einem Graubereich Beratung möglich ist, ohne abklären zu müssen, woher die Vermögenswerte stammen. Durch die Unterstellung unter das Geldwäschereigesetz müssten Berater wenigstens dokumentieren, mit wem sie es zu tun haben. «Es bleibt mehr hängen, auch wenn das Problem damit nicht gelöst wird.» Leute, die bereit sind das Gesetz zu brechen, werde es immer geben – man könne ihnen nur das Leben schwer machen.

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Das Berater-Repertoire

Unsere Gespräche mit den Beratern bieten einen direkten, noch nie dagewesenen Einblick in ein kaum bekanntes Geschäftsfeld. Im Folgenden vertiefen wir anhand konkreter Szenen drei zentrale Themen: die mangelnde Berührungsangst der Berater gegenüber Korruptionsgeldern, ihr Repertoire an Verschleierungsmassnahmen und ihre Vermittlerrolle zwischen  problematischen Kunden und den Banken.

Zum Schutz der Persönlichkeit verzichten wir dabei auf die Nennung sämtlicher identifizierender Merkmale in Bezug auf die Berater und ihrer Unternehmen.

Mangelnde Berührungsangst gegenüber Korruption

Ein Grossteil der 19 Berater hat in den Gesprächen keine oder kaum Berührungsangst gegenüber dem Thema Korruption gezeigt. So reagiert ein Genfer Anwalt auf die Frage, wie sich das Geld «legalisieren» lasse:


Undercover: So it’s not official government fees. I mean, he handed out or he grants permits. And for the permits the companies have to pay a fee. That is the official fees they pay. The unofficial fee goes into his own account. So how can we, how can you make sure that this money is really being considered as legal or legalized? Because I’m not sure whether it’s really legal, but… So how to legalize it?  Can you help him with it?

Anwalt Genf: Yeah, but to answer this question, we would need to have more information. And then it’s the way we will present it to the, to the banks, you know.


Der Anwalt hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

Nachdem der Undercover-Mitarbeiter sein Anliegen erklärt hat, hält ein Treuhänder aus Zürich fest:


Treuhänder Zürich: Ich sag mal anything is possible, wenn man genug wasserfeste Dokumentation erbringen kann und genug transparent ist zum Offenlegen, wie Sie es gemacht haben. Das kommt aus diesem Sektor. Es ist nicht der 08.15 Zürcher Drittgeneration, sondern das Geld, das erarbeitet wurde in einem Teil der Welt, wo gewisse Praxen anders sind wie bei uns in Europa…

[…]

Von dem her… Es hat noch nichts, das Sie mir jetzt gesagt haben, wo ein Showstopper wäre. Es hat einfach relativ viel Aufwand, den man betreiben müsste gemeinsam, um eine Lösung für den potenziellen Kunden zu bringen, die dann überall mit genügend Dokumentation, möglicherweise eine Lösung aufgebaut werden könnte, die den Erwartungen entspricht.

Stellungnahme Treuhänder

Der Treuhänder schreibt uns nach Offenlegung der Undercover-Recherche auf Anfrage, dass zu «keinem Zeitpunkt die Absicht bestanden hat, eine mögliche Kundenbeziehung einzugehen, geschweige denn gar zu prüfen». Man habe «einzig aus Höflichkeit das Gespräch nicht umgehend abgebrochen.» Noch am selben Tag sei ein internes Memo verfasst worden, in welchem eine Zusammenarbeit ausgeschlossen worden sei.

Das Wort «Korruption» wird in den Gesprächen konsequent vermieden. Dennoch versteht ein Treuhänder aus Genf genau, dass es sich nicht um sauberes Geld handelt:


Undercover: Und selbst wenn ein paar Dokumente fehlen, die man braucht, da gibt es dann bisschen so Sachen, so Flexibilität?

Treuhänder Genf: Ja, das kommt drauf an, um was für Dokumente es sich handelt und wie das ganze Bild ist. Wenn das ganze Bild klar ist und man sicher ist, ob es jetzt von unserer Compliance-Seite oder der Banks Compliance-Seite, dass das alles klar ist und sauber ist… Sauber ist vielleicht nicht das gute Wort… Aber alles korrekt ist. Dann, wenn einige Dokumente fehlen, sollte das kein Problem sein.

U: Warum ist das nicht das gute Wort? Weil das Geld trotzdem schmutzig ist?

TG: Nein, nein, nein. Eben um eben das nicht zu sagen, dass es nicht…

U: Das ist es ja nicht… Es ist ein andere, eine andere es ist nicht erworben worden, wie bei uns durch Hände Arbeit oder durch am Computer sitzen… Sondern eher durch eine Tür.

TG: Genau, ja ja, die man öffnet.


Der Treuhänder hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

Ein Anwalt aus Zürich lacht, als unser Undercover-Mitarbeiter präzisiert, wie sein Klient zu seinem Vermögen gekommen ist:


 Undercover: Er hat also quasi Beratungsverträge abgeschlossen mit den Firmen, um ihnen dann sicherzustellen, dass sie die Lizenzen bekommen. Nur er ist ja auch hier derjenige, der die Lizenzen ausstellt.

Anwalt Zürich 1: Genau (lacht). Das, ja, wir kennen das. Also ich weiss nicht genau die Historie oder von [Name der Kanzlei]. Ich bin jetzt natürlich der jüngere Vertreter hier, aber im Rohstoffhandel, da war man auch schon seit immer tätig.

Stellungnahme Anwalt

Auf Anfrage schreibt uns der Anwalt, dass er nicht im Bereich «Asset Protection» tätig sei und aufgrund des Anwaltsgeheimnis nicht Stellung nehmen könne. Und: «Wann ein Gespräch abgebrochen wird, ist letztlich eine Frage des Stils und keine rechtliche.» Es sei kein Prozess zur Mandatsannahme eingeleitet worden.

Massnahmen zur Verschleierung

Der Undercover-Mitarbeiter stiess bei seinen Treffen nicht nur auf offene Ohren, er erhielt auch jede Menge Tipps für seinen korrupten Klienten. 11 Berater (6 Anwälte, 3 Vermögensverwalter, 2 Treuhänder) skizzierten im Erstgespräch konkrete Massnahmen, um die Herkunft des Geldes zu verschleiern.

Am häufigsten wurde die Möglichkeit erläutert, mittels Firmenkonstrukten über verschiedene Länder hinweg die Nachverfolgung der Gelder zu erschweren. Solche Strukturen können legale Gründe haben, zum Beispiel Steueroptimierung oder den Schutz des Vermögens vor unrechtmässigem Zugriff. Im vorliegenden Fall ging es ausdrücklich darum, illegal erwirtschaftetes Geld vor den Behörden des Herkunftslandes oder Ermittlern anderer Länder zu verstecken.

Die einfachste Form der Verschleierung ist das Erstellen von Offshore-Gesellschaften, über deren Konten Gelder transferiert werden – vorzugsweise in Ländern, die nicht mit ausländischen Behörden kooperieren und keine Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten (Ultimate Beneficiary Owner oder UBO) von Unternehmen preisgeben.

Ein Vermögensverwalter aus Baar (ZG) erklärt, wie man Ermittlungen erschweren könne:


Vermögensverwalter Baar: I mean, we have to create a few companies and to play between them. One company is the owner of this. And this company is the owner of that. To make it more complicated.

Undercover: Complicated for us but as well complicated for… For investigations. 

VB: For investigations, yes.

U: Coming to the investigations… What’s about the KYC? Because I always come across the KYC. So, banks have to go into it. How can we… How can we… I wouldn’t say circumvent it, but let’s say make it less…  less stringent. Is this possible? Special banks or small banks? Or how do you do this?

VB: Small banks, they prefer to take money as investment. And not to… to transfer. Just to keep.

U: Yeah, but we have… You need a bank here as well. So, the small bank is better than the big bank because of KYC, or not?

VB: For investment? But again, not in the name of your client.

U: No, for sure not. But the money is being paid in.

VB: Yes, for instance, in the name of this new company or group of companies.

U: Exactly.

VB: So we will use such banks for keeping money. And bigger banks for transfer. So it should be a game. Very complicated.


Derselbe Vermögensverwalter schickt uns einige Tage nach dem Erstgespräch den Entwurf eines Firmenkonstrukts – kostenlos und ohne Mandat:

Der Vorschlag, das Geld «not in the name of your client» anzulegen, könnte laut dem Anwalt und Geldwäschereiexperten Stefan Mbiyavanga den Tatbestand der Geldwäscherei erfüllen. Das erstellte Firmenkonstrukt könne als Geldwäscherei-Vehikel dienen – insbesondere, wenn Rechnungen für «market research« oder «management services«, bezahlt würden, die es so nicht gibt.

Der Vermögensberater hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

Komplexere Verschleierungsmassnahmen aus dem Repertoire der Berater sind etwa Trusts, Stiftungen oder Fondsstrukturen. Ein Vermögensverwalter aus Genf beschreibt im Gespräch, wie das Geld aus dem Herkunftsland gebracht und die Vermögensherkunft mittels Trust verschleiert werden könnte. Dafür müsse es zuerst bei einer internationalen Bank gebündelt und dann innerhalb der Unternehmensgruppe ins Ausland transferiert werden:


Vermögensverwalter Genf 2: Erstmal, er muss eine internationale Bank, weil keiner hier in der Schweiz oder in Deutschland oder in Frankreich oder in Amerika wird Geld von irgend so einer afrikanischen… regionalen…

Undercover: Das Geld geht ja dann auf ein Trust-Konto in BVI oder…

VG2: Keiner wird das annehmen, wenn das aus irgendeiner afrikanischen Banana-Bank kommt. Das muss aus einer guten Bank kommen.

U: Ja gut, ne, wir bündelnd das.

VG2: Genau, das Bündeln ist der erste Schritt.

[…]

VG2: Wir müssen das Geld irgendwo erstmal bündeln und dann innerhalb der Gruppe mit einer guten Erklärung von dem Land in ein neues Land bringen. Damit wäre dann der dritte Punkt eigentlich halb gelöst. Zumindest. Das würde ich unter einen Trust stecken.

U: Ein Trust im Ausland?

VG2: Natürlich im Ausland, Offshore. Trusts sind eigentlich immer Offshore. Ne, nicht immer, da sag ich was Falsches. Südafrika, Domestic Trust in Amerika… Aber in dem Fall ja, Offshore-Trust. Das heisst, sein Name taucht nicht auf. Wir wüssten es und der Banker weiss es und das war’s.


Dann könne man das Geld mit verschiedenen Massnahmen schützen. Zum Beispiel, indem man das Vermögen eines Trusts auf einen zweiten Trust überträgt (dekantiert), eine holländische Stiftung gründet oder – im Falle eines rechtlichen Zugriffs – den Sitz des Trusts mittels Flee Clause in ein anderes Land verlegt:


Vermögensverwalter Genf 2: Man kann einen Trust aufsetzen und der Trust decant, also Dekanten vom Wein, in einen neuen Trust. Aber der neue Trustee muss immer noch sehen: Wer hat den ersten aufgesetzt? Es wird nicht gehen, dass kein Mensch auftaucht. Die einzige Möglichkeit gibt es da eine Schweizer Stichtung [sic], aber die ist so komplex geworden und ich glaube, die… Nicht die Schweizer, entschuldigung, eine Dutch, eine holländische Stichting heisst das. Eine Stiftung ist das. Die ist orphant. Die kann man praktisch mit Geldern oder Vermögen ausstatten, ohne dass man irgendwo auftaucht. Allerdings, die Holländer sind da in den letzten drei Jahren sehr vorsichtig geworden. Es wird viel scrutinized. Und diese Stichtung hat viele… Die hat Grenzen. Also ich würde auf jeden Fall, ohne weiterzugehen, ich würde auf jeden Fall einen Trust empfehlen für den Herrn.

Undercover: Also mal sehen, du machst das jetzt, also du würdest den Trust dann auch aufsetzen?

VG2: Ja, ja, wir würden den auch aufsetzen. Da könnten wir noch einen Flee Clause einsetzen. Eine Flee Clause ist… Nehmen wir mal an, der Trust wird aufgesetzt in Jersey. In dem Moment, wo dann irgendjemand ankommt und sagt: Wir attackieren den Trust. Da ist so eine Clause in dem Trust Deed, die Flee Clause, die sagt: Sobald der Trust angegriffen wird, ist der Trustee draussen und ein neuer Trustee, sagen wir in Neuseeland, übernimmt. Innerhalb von einem Tag.

U: Flee Clause?

VG2: Like fleeing. Fliehen, nicht fliegen. F L E E. Das wäre noch mal ein gutes Measure, um sowas vorzubeugen. Nur mal als Idee.


Einen Tag nach dem Gespräch informierte der Genfer Vermögensverwalter unseren Undercover-Mitarbeiter, dass er nach Absprache mit der internen Compliance und aufgrund mehrerer Risikofaktoren nicht behilflich sein könne. In derselben E-Mail empfahl er einen Bekannten, dessen Firma «kleiner und mehr flexibel» sei.

Der Vermögensverwalter hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

Die meisten Berater machten im Undercover-Gespräch klar, dass die Herkunft des Geldes zumindest gegenüber den Banken offengelegt werden müsse.  Die Verschleierung eines wirtschaftlich Berechtigten ist eine klare Geldwäschereihandlung. Dennoch erläuterten mehrere Berater auf Nachfrage unseres Undercover-Mitarbeiters entsprechende Möglichkeiten.

Eine fortgeschrittenere Massnahme, um die Herkunft des Geldes zu verschleiern, beschreibt ein Zürcher Anwalt. Er wurde einem bereits laufenden Gespräch per Video-Call zugeschaltet. Es ist daher nicht auszuschliessen, dass er die Ausgangslage, dass es sich um Korruptionsgelder handelt, nicht komplett mitbekommen hat. Vor Ort befand sich ein Mitarbeiter mit mehr Erfahrung, der von unserem Undercover-Mitarbeiter über die problematische Herkunft des Geldes informiert worden war.

Der zugeschaltete Anwalt erklärt, dass er für einen bestehenden Kunden eine Struktur erstellt habe, bei der die Klientschaft Trusts kontrolliert, über welche Gelder in Fonds fliessen, die wiederum Anteile an mehreren Gesellschaften halten.


Anwalt Zürich 1: Genau, wir betreuen aktuell auch einen Klienten, dem auch vor allem die Anonymität wichtig ist, dass er möchte… Oder er hat einen Geschäftszweig in Europa, möchte jedoch im Herkunftsland, soweit möglich, nicht als der Eigentümer auftreten. In diesem Fall haben wir mit verschiedenen Strukturen gearbeitet. Zum einen haben wir eine Truststruktur errichtet.

Undercover: Mhm. Und wo?

AZ1: Was da natürlich der Vorteil ist, dass man verschiedene Personen als Begünstigte dieses Trusts ernennen kann, sodass dann auch nicht mehr eine spezifische Person als Begünstigter erscheint, sondern eben eine Gruppe von Begünstigten. Es kommt natürlich auf die Situation von Ihrem Kunden an, aber in unserer Konstellation war es so, dass der… Wir haben da mit Service Provider gearbeitet. Gegenüber diesen müssen wir dann natürlich offenlegen, wer diese Begünstigten sind.

U: Mhm.

AZ1: Es ist aber so, dass dort dann im öffentlichen Register nicht erkennbar ist, wer diese Begünstigungen sind. Diese Truststruktur haben wir dann… Unter diese Truststruktur haben wir dann Gesellschaften errichtet, die dann die Vermögenswerte halten. Da gibt es dann auch unterschiedliche Möglichkeiten. Also entweder kann man dann die… Die Vermögenswerte direkt durch diese Gesellschaften halten lassen. Was dann aber oft natürlich zum Thema wird, ist, wenn man dann Bankkonten eröffnet… Die Bank möchte ja nicht so weit [unverständlich wegen Hintergrundgeräusch]. Und da kann dann natürlich die Frage auftreten, wer ist jetzt hier der BO. Was wir da gemacht haben, ist, wir haben dazwischen dann noch eine Fondsstruktur aufgestellt. Wobei es hier… Ich glaube, das ist länderspezifisch, aber in unserem Fall war es so, dass der Fonds an sich als Ultimate Beneficial Owner gilt.

U: Der Fonds war dann der UBO?

AZ1: Genau. Es ist dann auch so, dass… Es sind dann die Banken, die in den Fonds einzahlen, was also dazu führt, dass… Im Fonds sieht man eigentlich nur die Banken als Subscribers vom Fonds und nicht die dahinterliegende Struktur. Das gibt nochmals eine zusätzliche Möglichkeit der Anonymität. Und die fraglichen Gesellschaften dann am Schluss, also dort, wo das Geschäft liegt, das wird dann unterhalb des Fonds platziert.  Sodass es… Im Endeffekt ist die Struktur an sich so, dass es ein Fonds ist, der in verschiedene Gesellschaften investiert und dann daran beteiligt ist. Hinter dem Fonds steckt dann natürlich die Familie, aber auch wieder agierend über einen Truststruktur.

Stellungnahme Anwalt

Im Namen des zugeschalteten Anwalts hat ein Senior Partner der Kanzlei auf Anfrage ausführlich Stellung genommen. Beim Berater handle es sich um einen Junganwalt, der dem laufenden Gespräch per Video-Call zugeschaltet worden sei. Zudem habe die Technik am Anfang Schwierigkeiten bereitet. Es mache daher den Anschein, dass der Berater nicht mitbekommen habe, dass es sich um Gelder aus einer korrupten Tätigkeit handelt. Weiter falle es nicht in den Kompetenzbereich eines Junganwalts, ein Gespräch mit einem potenziellen Mandanten abzubrechen, wenn er durch einen älteren Anwalt zum Gespräch dazugeschaltet werde.

Der ältere (im Raum anwesende) Anwalt sei nicht an der Kanzlei beteiligt gewesen und habe keinerlei Kompetenz, über die Annahme von Mandaten zu entscheiden. Wäre der Senior Partnerschaft ein Antrag auf Eröffnung eines Mandats gestellt worden, hätte man dies als schwere Pflichtverletzung angesehen und die notwendigen personellen Massnahmen ergriffen. Aus Sicht des Senior Partners ist es mit den erwähnten Massnahmen gar nicht möglich, den UBO gegenüber einer Bank zu verschleiern.

Laut dem Compliance-Chef einer Schweizer Bank erschweren solche Konstrukte die Arbeit der Banken-Compliance extrem. «Zur Geldwäsche eine eigene Fonds-Struktur zu erstellen, ist eine teure, aber effektive Variante», sagt er. Die Banken seien verpflichtet, alles Erdenkliche zu tun, um die Herkunft des Geldes abzuklären. Bei der Fonds-Struktur handle es sich aber um eine rechtliche Grauzone – auf formellem Weg könne man die wirtschaftlich Berechtigten hinter der Struktur nicht erkennen.

Aus strafrechtlicher Hinsicht seien solche Massnahmen «hoch problematisch», sagt Anwalt Stefan Mbiyavanga. Truststrukturen mit mehreren Begünstigten oder Fonds-Strukturen, in denen lediglich der Fonds als wirtschaftlich Berechtigter erscheint, eigneten sich zur Verschleierung.

Ein Vermögensverwalter aus Baar (ZG) schlägt vor, zur Verschleierung eine Strohperson einzusetzen. Erst fragt er, ob der Klient sein Vermögen über seine Frau oder die Kinder verstecken könne. Falls nicht, könne man ein Firmenkonstrukt erstellen, das von einer Drittperson kontrolliert wird.


Vermögensverwalter Baar: So his name should not be open?

Undercover: Right.

VB: And his wife and children are also not a good shelter for him?

U: Right, right.

VB: So, in this case, the only solution is to build this structure.

U: Yeah.

VB: The name of a third person.

U: Yeah

VB: But in this case, he must trust.

U: Right.

VG: That his money will be not stolen.

U: Okay. So that would be the trustee of the director, or who? And could it be you? Should it be me or somebody else?

VG: Actually, if we do. If we do it in Switzerland, we need a Swiss person.

U: Okay, so it could be you for instance?

VG: For instance, yes, me.


Der Vermögensverwalter hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

In einem solchen Fall gibt der Klient die Kontrolle über sein Vermögen formell ab, damit die Spur des Geldes nicht zu ihm zurückverfolgt werden kann.

Eine ähnliche Option erwähnt ein Zürcher Anwalt: Mittels Dicretionary Trust könne man dem Treuhänder die volle Entscheidungsfreiheit darüber geben, wer und in welchem Umfang von den Trust-Vermögen profitiert. Somit kontrolliert der Klient das Vermögen auf dem Papier nicht mehr und kann sich auch nicht selber Geld ausschütten. Auf die Nachfrage, ob der Klient in diesem Fall tatsächlich die Kontrolle über sein Vermögen verliert, erläutert der Anwalt das Dilemma:


Undercover: Wie kann ich aber jetzt meinem Klienten sagen: ‘Stopp, du bist nicht mehr der Eigentümer’. Und der fragt: ‘Habe ich jetzt das Geld verloren?’

Anwalt Zürich 3: «Genau. Das ist… Ich habe diese Diskussionen Dutzende mal geführt. Weil das ist ja die typische Reaktion, oder. Und das ist nicht nur… Gerade in Ländern, die weniger auf Vertrauensbasis arbeiten, sei es Russen, Kasachen… Die vertrauen vielleicht uns, aber nicht dem Stiftungsrat. Oder Ihnen halt dann. Und da muss man sagen, es ist ganz einfach: Es ist ein Dilemma. Und man kann ein bisschen in diese oder die andere Richtung schieben, aber es ist wirklich Aufgabe von Kontrolle gegen quasi Aufgabe der Informationshoheit. Man kommt da nicht drum herum.»


Wer die Kontrolle über sein Vermögen abgibt, braucht jemanden, dem er vertraut. Man müsse daher den richtigen Partner auswählen:


Anwalt Zürich 3: Es ist natürlich dann die Frage, wen man im Liechtenstein auswählt. Es gibt dann diese ganz formellen Trustees, die wirklich alles nach Gesetz machen. Und dann kann es dann schwierig werden. Vor allem das sieht man gerade bei Ländern oder, wo die Leute keinen langen Planungshorizont haben, weil die nicht wissen, was nächstes Jahr ist. Und da sagen die [Trustees, die alles nach Gesetz machen]: ‘Nein, sorry, das ist discretionary, wir sehen den Grund nicht für eine Ausschüttung.’ Und dann hat man ein Problem. Aber vielleicht hat man dann dort einen Partner im Liechtenstein, der das flexibler sieht und dann vielleicht über… Sagt: ‘Okay, also die Diskretion kann man ja etwas weiter auslegen’.


Fazit des Zürcher Anwalts zu dieser Massnahme: «Es hat ein Human-Potenzialrisiko, weil man nicht weiss, wie die Trustees in Liechtenstein oder die Stiftungsreite dort dann agieren oder nicht agieren.»

Stellungnahme Anwalt

Der Anwalt schreibt uns auf Anfrage: «Wir waren an Herrn [Vermögensberater] und seinem Klienten nach dem Gespräch nicht interessiert und sahen in dieser Angelegenheit keine Aussicht auf ein Mandat.» Es handle sich um eine Stilfrage, mit dem Vermögensberater höflich und korrekt umzugehen. «Wenn ich den Verdacht habe, dass es sich um Korruption handeln könnte, dann ist es das Eleganteste, die Person abzuweisen, indem ich fordere, sie solle den Nachweis der legitimen Herkunft der Gelder bringen.» Der Anwalt liess uns eine E-Mail zukommen, in der er das Gespräch nach Beendigung des Treffens kurz zusammengefasst hat. Darin steht, dass er dem Vermögensberater gesagt habe, «der gute Beamte solle alles zusammentragen, das belegt, dass er das Geld ohne Korruption verdient habe und den legalen Hintergrund zu jedem Transfer belegen.» Sonst komme er heute durch keine Compliance mehr. Das E-Mail endet mit: «Mal schauen, ob er etwas liefern kann. Hat ziemlich viele red flags.»

Ein Genfer Vermögensverwalter erläutert Möglichkeiten, wie das Geld an den Banken vorbei in die Schweiz gebracht werden könnte. Zum Beispiel mittels fingierter Beratungsrechnungen über die Firmenkonten des Vermögensverwalters:


Vermögensverwalter Genf 1: Wenn wir zum Beispiel jetzt überhaupt keine Bank finden, die für den Kunden in seinem Namen ein Konto eröffnen will, dann… Was wir in gewissen Fällen auch machen können, ist… Das sind nicht 80 Millionen, das sind kleinere Beträge, wenn der Kunde zum Beispiel sagt: ‘Okay, ich kann das Geld [aus dem Heimatland] raustransferieren.’ Dann können wir… Wir haben, also, die internen Strukturen… Da sagen wir, okay, wir machen einen Transfer auf unsere Firma in Hongkong und dann von Hongkong aus können wir das Geld auf ein anderes Konto transferieren und da kann der Kunde zum Beispiel das Liquidgeld rausnehmen. Es gibt dann Möglichkeiten… Wobei, da muss natürlich die ganze Due Diligence… Da müssen wir die komplette Transparenz haben. Das kann man machen, weil in diesen Ländern gibt es weniger… Also das ist wenig strikt und vor allem kennen sie uns dort. Und wenn wir da einen Transfer machen, die werden da nicht jedes Mal alles genau…

Undercover: Das wäre dann ein Escrow Account? Wenn Sie sagen intern…

VG1: Ja, genau. Also in diesem Stil. Ja, aber wir müssen natürlich… Das muss natürlich bei uns, das muss dann die Direktion akzeptieren und ähm…     

U: Das ist aber Ihr Konto? Also für den Kunden, im Auftrag des Kunden? Das heisst, es ist ein Transferkonto?

VG1: Ja, wir würden eine Rechnung machen oder sagen, okay, wir machen ein Consultant, also… Also unsere Firma würde dann sagen: ‘Okay, wir haben einen gewissen Service am Kunden gegeben, er bezahlt uns und dann, wenn das Geld da ist, bezahlen wir in eine andere Richtung, um das Geld wieder raus zu transferieren.’

U: Transfer… Aber sagen wir mal Hidden Transfer? Oder Disguised Transfer?

VG1: Ja, also wird… Wir machen Buchhaltungen, das wird… In diversen Ländern wird das voll offengelegt, aber es wird dann dargelegt als ein Service, den wir am Kunden geben.

U: Das heisst, ich bezahle Ihr Service und dann… Sie stellen mir eine Rechnung aus, das bezahle ich. Und wie geht das dann in die Schweiz?

VG1: Nein, in der Schweiz ist immer das Problem, die wollen genau wissen, von wo und wieso. Das würde dann irgendwie in Dubai landen oder in Mauritius.


Diese Massnahmen eignen sich laut Anwalt und Geldwäschereiexperte Stefan Mbiyavanga zur Verschleierung von Vermögenswerten. Problematisch seien die Verbuchung eines nicht erbrachten Service, der Transfer von Deliktgeld auf «unsere Firma in Hongkong» mit anschliessendem Weitertransfer sowie die Überweisung nach Dubai/Mauritius, weil dort weniger Probleme beständen. Bei der Erstellung fiktiver Rechnungen für nicht erbrachte Consulting-Dienstleistungen könnte laut Mbiyavanga unter Umständen auch Urkundenfälschung vorliegen.

Derselbe Genfer Vermögensverwalter erwähnt die Möglichkeit, Geld via Goldkauf an den Banken vorbei in die Schweiz zu bringen:


Vermögensverwalter Genf 1: Eine andere Lösung ist auch zum Beispiel mit Gold, also mit physischem Gold kaufen.

Undercover: Wer würde das kaufen? Das würden Sie dann auch kaufen?

VG1: Das würde über eine Trading Firma gehen, die offiziell Gold verkauft. Das ist auch in Dubai. Das ist eine Firma in Dubai, die verkauft Gold.

U: Verkaufen Gold?

VG1: Ja, die verkaufen Gold. Sie werden dann Kunde bei der. Die haben dann das physische Gold in der Firma im Namen des Kunden und die sagen dann: Okay, das kann eine Investition sein. Aber Sie können auch sagen: Okay ich habe das Gold gekauft, ich verkaufe es… Ich kaufe und verkaufe es sofort. Die müssen… Das sind Trading Firmen, also kommerzielle Firmen. Die sind überhaupt nicht dem Bankgeschäft unterstellt.

U: Also das sieht aus wie ein Future Trade?

VG1: Ja, genau. Aber dies sind nicht dem gleichen Gesetz unterstellt wie die Banken. Weil das ist eine kommerzielle Firma, die etwas.. Die ein Produkt verkauft. Da muss man Gold kaufen, es muss über physisches Gold gehen. Man kann es kaufen und in der gleichen Sekunde verkauft man es wieder und dann hat man ein liquides Guthaben bei der Firma. Und das Gute… Ja, das ist eine Firma in Dubai und die haben auch ein Büro hier in Genf. Und dann sagen die: Okay, Sie sind Kunde in Dubai, aber wenn Sie wollen, können wir das Geld zur Verfügung in Genf stellen.


Auch beim Goldkauf in Dubai, gekoppelt mit anschliessendem Bezug von Geld in einem Genfer Büro des Goldhändlers, handle es sich laut Stefan Mbiyavanga um eine potenzielle Geldwäschereimassnahme. Die Geschäftstätigkeit des Genfer Büros müsse von den zuständigen Behörden sorgfältig überprüft werden.

Der Vermögensverwalter hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

Vermittlerrolle gegenüber Banken

Als grösste Hürde identifizierten die meisten Berater die Suche nach einer Schweizer Bank, welche die Gelder des korrupten Beamten annimmt. Mehrere wiesen darauf hin, dass die Banken viel vorsichtiger agieren als vor zehn oder zwanzig Jahren. Sie hätten ihre Compliance-Abteilungen stark ausgebaut und würden heute viel besser abklären, woher Vermögen stammen. Die Risikobereitschaft sei zudem gesunken.

Das hielt einen Grossteil der Berater nicht davon ab, dem Undercover-Mitarbeiter Unterstützung beim Onboardings-Prozess anzubieten. 10 von 19 Beratern erwähnten im Gespräch, dass sie den korrupten Beamten bei der Suche nach einem Bankkonto unterstützen könnten.

Ein Genfer Anwalt sagt, dass er über persönliche Kontakte zu Banken erste Abklärungen machen und Einfluss auf die Compliance nehmen könne:


Anwalt Genf 1: For instance, if we are calling now the board of [Genfer Privatbank, anonymisiert] and if I’m saying to them: Okay, let’s have a meeting this afternoon. And in a very discreet way, I mention the name of the client, they will do something very, very discreet. And they will tell me in a few days if it’s possible for them to accept the money of this person. Same, you know, if [Gründer der Kanzlei] will call the board of [Genfer Privatbank]. And same, you know, with other people. 

[…]

Undercover: So it wouldn’t go through the compliance office? It would go directly through the board? And you advise the board? Just to understand…

AG1: It will be us going to the highest people of the bank. Then we will explain that, okay, this is our client. We want you to help us, what do you think? Of course, then they will talk to the head of the compliance.

U: Because he has to sign, I guess.

AG 1: Yeah. But I think that they will give us first advice… Or not an advice, but they will give us an idea about… ‘Yeah, this might be possible’ or ‘Okay, I think we cannot accept to have the assets of this person in our bank.’ I’m not saying that we will avoid to go through the whole compliance process. I’m just saying that when you know the people in the board and when you’ve actually brought us some very rich clients in the past, of course you are increasing a little bit your chances for a new client.


Der Anwalt hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

Ein Zürcher Anwalt erklärt, wie man die Geschichte des korrupten Beamten aufbessern könne. Wichtig sei, dass alles «kommerziell Sinn» ergebe:


Anwalt Zürich 3: Ja, ich denke in diesem Fall würde ich vielleicht sogar noch so Strafregisterauszüge bringen. Ich würde vom Minister vielleicht tatsächlich… Das wäre gar keine schlechte Idee, quasi ein Good Standing, dass der völlig okay, ein netter Regierungsberater ist und in keiner Art, was weiss ich, sich einem Fehlverhalten schuldig gemacht hat. Ich denke der Minister ist dann vielleicht der Cousin, aber das spielt ja keine Rolle…

Undercover: Ist er nicht, die sind nicht verwandt. Sind aus zwei verschiedenen ethischen Gruppen.

AZ3: Ja… Und dann ist natürlich schon auch noch die Frage: Wenn er jetzt da Beratungsverträge für Millionen kassiert, für Schürfrechte, ist dann vielleicht schon noch ein bisschen die Frage, was er dafür gemacht hat. Also wenn er nur dort sitzt und dann auf der Lizenz die Unterschrift setzt, dann ist die Beratung vielleicht ein bisschen überbezahlt. Wenn er aber da ganze Teams rausschickt, welche diese Felder anschauen, analysieren, die Umweltstudien machen, mit den lokalen Stämmen diskutieren, was weiss ich, oder… Es muss einfach… Es muss kommerziell Sinn machen. Und vielleicht muss man auch noch herausfinden, was für spezielle Fähigkeiten er hat, die ein anderer nicht hat. Ausser dass er jetzt gerade dort sitzt wo er sitzt.


Derselbe Anwalt erklärt, wie er dem potenziellen Klienten behilflich sein könnte: Indem er dessen Dossier überprüfe, bevor dieser an die Bank herantrete. So könnten etwaige Schwachstellen im Vorfeld erkannt und korrigiert werden.


Anwalt Zürich 3: Einfach im Prinzip am Ende vom Tag zeigen: Ich bin ein ehrlicher, höchstqualifizierter Mann. Okay, ich hocke… Natürlich, wie es immer ist bei den Reichen…  Ich hocke vielleicht zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, aber ich bin nicht korrupt. So. Ich denke, das wäre die Story.

Undercover: Gut, das ist KYC, ich versteh das schon. Also da müssen wir halt das Ganze wasserfest machen. Weil es muss wasserfest sein. Welche Rolle können Sie spielen? Wie können Sie uns jetzt helfen? Weil sonst… Sie haben schon gute Rate gegeben, Ratschlag.

AZ3: Wir können natürlich… Wir kennen in etwa, wie unsere Banken ticken mittlerweile. Also wir können sicher versuchen, den irgendwo einzuführen. Aber da müssen wir zuerst selbst überzeugt sein, dass der verkäuflich ist.

U: Also quasi Ihr KYC?

AZ3: Ja, ich mache es natürlich nicht so intensiv. Das machen Sie zusammen mit ihm und wir schauen es vielleicht mit an. Und dann sagen wir natürlich dann schon, also diese Stelle… Und das ist dann nicht mal böse gemeint, weil er schreibt das in der besten Intention. Und dann lesen wir das durch und sagen: Nein, das geht nicht auf. Und dann kommt ihm vielleicht in den Sinn: Ja, aber es gab dort noch diesen Deal oder dieses Geschäft, deswegen stimmt es nicht. Aber es ist wirklich heute sehr, sehr streng geworden. Ich denke mit 80 Millionen, auch wenn er nicht alles bringt, ist er prinzipiell schon ein interessanter Kandidat für die Bank.

Stellungnahme Anwalt

Der Anwalt schreibt auf Anfrage: «Wir waren an Herrn [ Vermögensberater] und seinem Klienten nach dem Gespräch nicht interessiert und sahen in dieser Angelegenheit keine Aussicht auf ein Mandat.» Es handle sich um eine Stilfrage, mit dem Vermögensberater höflich und korrekt umzugehen. «Wenn ich den Verdacht habe, dass es sich um Korruption handeln könnte, dann ist es das Eleganteste, die Person abzuweisen, indem ich fordere, sie solle den Nachweis der legitimen Herkunft der Gelder bringen.» Der Anwalt liess uns eine E-Mail zukommen, in der er das Gespräch nach Beendigung des Treffens kurz zusammengefasst hat. Darin steht, dass er dem Vermögensberater gesagt habe, «der gute Beamte solle alles zusammentragen, das belegt, dass er das Geld ohne Korruption verdient habe und den legalen Hintergrund zu jedem Transfer belegen.» Sonst komme er heute durch keine Compliance mehr. Das E-Mail endet mit: «Mal schauen, ob er etwas liefern kann. Hat ziemlich viele red flags.»

Laut Anwalt Stefan Mbiyavanga seien Ausführungen wie «dann kommt ihm vielleicht in den Sinn, ja, aber es gab dort noch diesen Deal oder dieses Geschäft, deswegen stimmt es nicht» sehr heikel. Auch irreführende Angaben gegenüber Banken könnten als Geldwäschereihandlungen gelten.

Über die Vermittlerfunktion zwischen Klienten und Banken spricht auch ein Genfer Anwalt. Wenn Informationen von einem Anwalt stammen, so deutet er an, könnten die Banken davon ausgehen, dass sie bereits überprüft seien:


Anwalt Genf 1: So for sure we can help, you know, with the KYC process.

Undercover: Yeah.

AG1: So we are working, with the, with the compliance of the bank in order to answer their questions, you know, to try to get us have a smooth process, you know…

U: So you couldn’t… You could… You’re kind of a filter?

AG1: Yeah, exactly. Yeah, well, it doesn’t, you know.. Again, you cannot guarantee anything. But because we have this contact, we can try to convince, if there is, you know, one point or two points about which they are a little bit, I don’t know…

U: Fussy about?

AG1: Yeah, yeah. If they are not… They are feeling not comfortable about this, we can have a meeting with them. We can explain that. We can say: Okay, look, we don’t want to write down this information but we would give them to you like that. I think for a bank, it’s also nice to have lawyers, in… To have some lawyers… Not… Yeah. Between the client and them, you know, because for them it’s a security. Especially if it’s [Gründer der Kanzlei]. Because if you’re a bank, you are asking directly the information from the client, his family office, for instance. If the information is coming from a lawyer, they might think, that some information have been checked already, by the lawyers. Because the lawyers, we have some rules, you know, that we have to follow. We cannot do anything we want, so in terms, we have to check a little bit, of course, if the money is not the product of a crime. These kind of things, you know. So for them it’s like, okay, probably a first check has been done by the lawyers.


Derselbe Anwalt sagt im Gespräch, dass einige Banken «nicht so streng» seien, wenn es um 80 Millionen Dollar gehe. Da könnten auch mal «ein oder zwei Dokumente» fehlen:


Undercover: In case there are some documents missing. Is there anything you could do? 

Anwalt Genf 1: Yeah.

U: Because if the bank says: ‘Okay, KYC… Here’s a list, bring us all those documents now.’ But three, four documents are missing…

AG1: Do you know… Can I ask you… I don’t know if you can answer this question, but: Roughly about what amount of money we are talking about?

U: 80.

AG1: Yeah, 80. It’s a lot. So…

U: It’s a lot.

AG1: So yeah, the banks for 80, they will… They may, will not be too strict, you know. One or two documents…

U: Okay, that is what we named the appetite?

AG1: Yeah, exactly.

U: So low risk appetite, but high money appetite?

AG1: Now of course, you know, the fact that my colleague and myself, we are presenting quite often big clients to this bank… Also for them, it’s a risk to say No. Because then, aehm… We will not be very happy.

(beide lachen)

U: Because the money is not coming in.

AG1: Yeah, but I mean… We cannot do miracles. We can help, and we cannot guarantee anything. But yeah, it’s true that sometimes, even these big banks they are thinking: Okay look, let’s agree about this. Because otherwise they will give the clients to another bank.


Der Anwalt hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

Mehrere Berater wiesen darauf hin, dass es einfacher sei, das Geld in einem anderen Land in Sicherheit zu bringen. Am häufigsten war die Rede von Dubai, aber auch Hongkong oder China wurden genannt. In den Gesprächen entstand der Eindruck, dass die dortigen Finanzinstitute weniger genau hinschauen und es einfacher ist, kriminelle Gelder dort zu deponieren als in der Schweiz.

Ein Genfer Vermögensberater hebt die Nähe Dubais zu Afrika und das «bessere Verständnis» für solche Geschäfte hervor:


Vermögensverwalter Genf 2: Dubai ist eine gute Sache. Die sind auch näher an Afrika dran. Die haben auch ein besseres Verständnis. Wenn du checken könntest, ob vielleicht eine Bank aus dem Middle East in dem afrikanischen Land eine Dependance hat. Also vielleicht keine afrikanische, sondern eine arabische Bank. Das könnte auch interessant sein.


Der Vermögensverwalter hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

Ein Genfer Treuhänder schätzt Dubai bei der Compliance etwas «flexibler» ein:


Undercover: Ja und darum die Frage: Wenn es in der Schweiz trotzdem Probleme geben könnte, wo könnte man sonst was machen?

Treuhänder Genf: Wahrscheinlich Dubai.

[…]

TG: Und dann, wenn es um afrikanische oder sagen wir nicht europäische Länder geht, ist dann wieder Dubai eigentlich das Center of the world, wo es eigentlich einfacher ist oder flexibler eher, mit KYC und allem, Strukturen aufzubauen.


Der Treuhänder hat auf unsere Konfrontation nicht reagiert und keine Fragen beantwortet.

Nach dem Erstgespräch beendete der Undercover-Mitarbeiter die Kommunikation mit den Beratern. Eine Person schickte uns einige Tage nach dem Erstgespräch den Entwurf eines Firmenkonstrukts, worauf der Vermögensberater nicht antwortete. Zwei weitere fragten per E-Mail nach, ob noch Interesse an einer Geschäftsbeziehung bestehe. Die restlichen Berater meldeten sich nicht mehr. Es kann davon ausgegangen werden, dass in keinem Fall ein formaler Prozess zur Mandatsannahme eingeleitet wurde.

* Mit einer Ausnahme handelt es sich bei allen von uns kontaktierten Beratern um Männer. Daher nutzen wir im Rahmen dieser Publikation ausschliesslich die männliche Form .

Dieser Artikel wurde mit finanzieller Unterstütztung von «investigativ.ch: Recherche-Fonds der Gottlieb und Hans Vogt Stiftung» und JournaFONDS recherchiert und umgesetzt.

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Christian Zeier

Recherche und Text

Valentin Felber

Produktion und Video

Johanna Weidtmann

Redaktion

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Titelbild & Art Direction

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Video-Host